Warmlaufen für die Teenagerzeit: Das passiert in der Vorpubertät

Wenn Kinder acht oder neun Jahre alt sind, merken viele Eltern plötzlich, dass sie sich anders verhalten. Sie sind launischer oder lustloser. Der Grund: Sie stecken mitten in der Vorpubertät.  

Wer Kinder großzieht, merkt vermutlich schnell, dass es immer wieder herausfordernde Zeiten gibt. Als Eltern eines Säuglings leiden viele unter einem schrecklichen Schlafmangel. Nach einer kurzen Verschnaufpause sorgt dann das Trotzalter für die ersten grauen Haare und die im Vorschulalter einsetzende Zahnlückenpubertät ist auch kein Zuckerschlecken. Doch bis zur Pubertät ist dann Ruhe, oder? Leider nicht, denn davor gibt es noch die Vorpubertät, die manchmal auch Präpubertät genannt wird.

Sie kann in zwei Phasen eingeteilt werden. Die erste findet zwischen acht und zehn Jahren statt, die zweite zwischen elf und zwölf Jahren. Bei manchen beginnt sie früher, bei anderen später. Medizinisch gesehen läutet diese Phase bereits die Pubertät ein, denn laut den Kinder- und Jugendärzten im Netz beginnt diese, wenn der Körper Sexualhormone produziert. Das ist bereits in der Vorpubertät der Fall.

Kleine Fettreserve für die Pubertät

Doch keine Sorge, starke körperliche Veränderungen wie Pickel, kräftiger Haarwuchs oder Körpergeruch kommen erst später. Aber vor allem in der zweiten Phase nehmen viele Kinder an Gewicht zu. Das ist entwicklungsbedingt, denn der Körper braucht eine kleine Fettreserve für die bevorstehende Pubertät. Achtet einfach weiterhin auf eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung.

Unsensible Bemerkungen über die veränderte Figur solltet ihr euch auf jeden Fall verkneifen, denn viele Kinder fühlen sich manchmal unsicher in ihren sich verändernden Körpern. Um Essstörungen vorzubeugen, unterstützt euer Kind dabei, ein gutes Körperbewusstsein zu entwickeln und sich so zu akzeptieren, wie es ist. Sollte das Gewicht stark aus dem Rahmen fallen, könnt ihr mit dem Kinderarzt darüber sprechen, eventuell in Abwesenheit eures Kindes.

Stimmungsschwankungen und Desinteresse

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Die Hormonumstellung in der Vorpubertät beeinflusst vor allem das Verhalten. Eltern merken es meist, weil sie häufiger mit ihren Kindern aneinandergeraten. Das liegt daran, dass Kinder in der Vorpubertät beginnen, sich langsam abzunabeln. Sie entwickeln ihre eigene Meinung und vergleichen sich gerne mit anderen. Vor allem am Ende der Vorpubertät, mit etwa elf und zwölf Jahren, nehmen die Diskussionen zwischen Kindern und Eltern zu.

Aber auch schon Drittklässler hören sich teilweise an, als wären sie in der Pubertät. Plötzlich fallen Sätze wie „alle aus meiner Klasse dürfen ‚Wednesday‘ anschauen, nur ich nicht“, „mein Freund darf immer Cola trinken“ oder „die Eltern von meiner Freundin sind viel cooler, sie darf immer viel mehr als ich“. Außerdem haben einige Stimmungsschwankungen und zeigen ein aufmüpfiges Verhalten. 

Bei vielen setzt jetzt auch ein Schamgefühl ein und die Tür des Badezimmers wird nun abgeschlossen. Als Eltern benötigt ihr jetzt viel Geduld. Denkt daran, dass die Veränderungen hormonell bedingt sind und der Umbau im Kopf manchmal ein paar Sicherungen raushauen lässt. Auch eure Kinder haben mit der Umstellung zu kämpfen. Wenn euch manche Diskussionen im Alltag viel Energie kosten, vergesst nicht, euch Ruhezeiten zu gönnen.

Zwischen Kindheit und Teenagerzeit

Kinder in der Vorpubertät befinden sich in einer Phase zwischen Kindheit und Teenagerzeit. Während sie tagsüber mit ihren Freunden ein Spiel zocken, kramen sie abends ihre Hot Wheel Autos heraus und düsen damit im Kinderzimmer herum. Oder sie schauen sich coole Schminkvideos im Internet an und bürsten dann wieder ihre Barbiepuppen.

Viele Kinder wollen auch nicht mehr selbstverständlich zu Familienausflügen mitgehen. Während die Kids früher gerne den Erlebnisbauernhof oder den Abenteuerspielplatz besucht haben, finden sie diese Aktivitäten jetzt „lahm“. Hier hilft es, wenn sie den Ausflug mitbestimmen dürfen und auch ihre eigenen Interessen beachtet werden. Vielleicht ist der Bauernhof und der Spielplatz nicht mehr so interessant, aber es gibt viele Alternativen, die auch größeren Kindern noch Spaß machen. Das ist wichtig, denn positive Erlebnisse festigen eure Beziehung.

Zudem werden Freunde langsamer immer wichtiger. Bei vielen Vorpubertierenden stellen Eltern eine Verhaltensänderung fest, sobald sie Gleichaltrige treffen. Dann sind sie plötzlicher „cooler“ und der Abschiedskuss kann schon mal ausfallen. Am Abend jedoch wollen die meisten noch gerne mit ihren Eltern kuscheln. Genießt diese Nähe noch, bevor die körperlich sichtbare Pubertät einsetzt.

Unterschiede zwischen Mädchen und Jungs

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Mädchen sind meist mehr von der Vorpubertät betroffen als Jungs. Viele haben einen Wachstumsschub und sind plötzlich größer als gleichaltrige Jungs. Außerdem haben sie eher mit schlechter Laune zu kämpfen. Doch während Mädchen meist oft über ihre Gedanken und Gefühle erzählen, verschließen sich viele Jungs. Sie zocken lieber in Ruhe oder machen Sport, denn sie haben einen hohen Bewegungsdrang. Aber alle haben eins gemeinsam: Sie entdecken langsam ihre Weiblichkeit beziehungsweise Männlichkeit. Jungs betrachten im Spiegel ihre Muskeln, Mädchen experimentieren mit Kleidung, später mit Make-up.

Doch egal ob Junge, Mädchen oder nicht-binär: Während dieser Phase solltet ihr euren Kindern Sicherheit und Halt geben. Sie sollten fühlen, dass sie verstanden und immer geliebt werden, auch wenn sie sich mal danebenbenehmen oder schlechte Noten mit nach Hause bringen.

Vorpubertät als Training für die Teenagerjahre

Vorpubertäre Kinder möchten sich manchmal abgrenzen und hinterfragen oft Regeln, aber sie orientieren sich noch an den Eltern. Nutzt diese Zeit daher, um mit euren Kids über Regeln, Gefahren und Werte zu sprechen, denn in der Pubertät sind sie nicht mehr so leicht zugänglich. Wenn euch wichtig ist, dass das Kind mehr im Haushalt hilft, solltet ihr es spätestens jetzt bitten, Verantwortung zu übernehmen. Eigene Aufgaben regelmäßig zu erledigen, stärkt zudem das Selbstbewusstsein.

Wichtig in dieser Zeit ist es weiterhin, dass ihr im Gespräch bleibt, auch wenn es manchmal so aussieht, als habe euer Kind kein Interesse daran. Viele Kinder sind vor dem Einschlafen gesprächig, am besten plant ihr dann dafür noch extra Zeit ein, damit ihr sie aufgrund der späten Uhrzeit nicht auf Morgen vertrösten müsst. Wer weiß, ob sie am nächsten Tag noch über ihre Herzensangelegenheiten sprechen möchten. Auch längere Autofahrten oder gemeinsames Kochen sind gute Anlässe, um ins Gespräch zu kommen.

Vielleicht ergeben sich dann auch geeignete Zeitpunkte, um euer Kind aufzuklären, falls nicht schon geschehen. Wenn eure Kinder einen gesprächsbereiten Moment haben, redet mit ihnen außerdem über ihre Gedanken, Träume und Ängste. Dadurch wisst ihr, was eurem Kind wichtig ist und bleibt in Kontakt. Das ist wichtig, um die Vorpubertät gut zu überstehen. Schließlich kann sie als Trainingseinheit für die „richtige Pubertät“ gesehen werden. Diese beginnt bei Mädchen übrigens mit durchschnittlich elf Jahren, bei Jungs mit zwölf. Dann wachsen auch irgendwann Körper- und Schamhaare und Mädchen bekommen ihre erste Menstruation, Jungs ihren ersten Samenerguss.

Unser Buchtipp zu dem Thema:

“Erziehungsstatus kompliziert: Pubertät im Anmarsch (ja, es geht wirklich schon los!),”Jung, Matthias & von Wolff, Steffi, Edel books (Mai 2022)

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