Eine helfende Hand für dein Kind: Umgang mit Ängsten im Alltag

Kleine Kinder haben Ängste – aber Große doch nicht mehr! Während der Winzling von zwei Jahren noch regelmäßig ins Elternbett krabbeln darf, um sich dort vor Monstern zu verstecken, sollte der Achtjährige nach einem Gutenachtkuss doch allein zurechtkommen, nicht wahr? Die Wahrheit jedoch ist, dass auch bei älteren Schulkindern, mit elf, zwölf oder gar dreizehn Jahren, ein einfaches “Davor musst du dich nicht fürchten” oft nicht weiterhilft. Das eigentlich schon große Kind ist im Inneren kleiner als gedacht, zumindest in dieser speziellen, angstbesetzten Position. Was es braucht, ist Empathie – und eine gute Strategie, sich der Angst zu stellen, um sie zu überwinden.

Angstvermeidung versus Konfrontation

Biologisch gesehen sind Ängste dafür da, uns vor etwas Gefährlichem zu warnen, damit wir es vermeiden können. Darum reagieren Menschen auf ihre Ängste auch noch heute regelmäßig mit Vermeidung. Auch dein Kind zieht gewiss am liebsten den sprichwörtlichen Stecker, wenn es darum geht, seinem persönlichen Schreckensszenario zu entkommen oder ihm erst gar nicht erst zu begegnen. Einige Eltern betätigen sich dabei gern als Fluchthelfer, aber das ist keine Dauerlösung.

Wenn dein Kind die irrationale Angst plagt, der Schulbus könnte in einer Kurve umkippen, und du es deshalb jeden Tag mit dem Auto zur Schule fährst, läuft es schnurstracks auf das eine hinaus: Deine Tochter oder dein Sohn wird nicht Busfahren “lernen”, und sich vielleicht sogar noch als erwachsener Mensch davor fürchten.

Hilft eine direkte Konfrontation weiter?  Ein Drängen deinerseits, ein Überreden, eine harte Hand? “Fahr mit dem Bus, es passiert schon nichts!” Auch das ist zu kurz gedacht, nimmt die Angst nicht ernst genug und übt einen Druck aus, der für ein Kind emotional kaum zu tragen ist. Im schlimmsten Fall endet es mit einer Angststörung, die nur noch mit psychologischer Hilfe loszuwerden ist.

Eine Art goldener Mittelweg muss her, mit Verständnis auf der eine Seite – und einem Anschub in Richtung Angstbefreiung. Wie geht das?

“Es ist nicht der mutig, der keine Angst hat, sondern der, der seine Angst überwindet.(Mahátma Gándhí)

Der Weg aus der Angst: So hilfst du deinem Kind

Für euren gemeinsamen Weg braucht ihr eine wichtige Basis: dass du die Angst deines Kindes ernst nimmst, auch wenn sie dir noch so unbegründet erscheint. Bedenke, dass eine Elfjährige, und sei sie auch noch so “groß”, nicht über deine viel größere Lebenserfahrung verfügt. Ihre Gefahreneinschätzung fällt somit automatisch anders aus als deine.  

Das oben genannte Gándhí-Zitat kann euch als weiteres Fundament dienen. Erkläre deinem Kind, dass nur mutig sein kann, wer Angst empfindet. Andersherum: Menschen, die keine Angst haben, erhalten niemals die Chance, mutig zu sein. Und Mut ist doch eine begehrenswerte Eigenschaft!

Wenn dein Kind sich für den Mut entscheidet (was sehr wahrscheinlich ist), geht ihr gemeinsam die folgenden Schritte. Dabei ist es wichtig, dass du deiner Tochter oder deinem Sohn deinen bedingungslosen Beistand vermittelst.  Frei nach dem Motto:

“Es spielt keine Rolle, was vor dir liegt, wenn du weißt, wer hinter dir steht.”
(Verfasser unbekannt)

Schritt für Schritt hinaus aus der Angstfalle

Aus der Angst hinaus geht es nur selten mit einem beherzten Sprung. In den meisten Fällen handelt es sich um einen Schritt-für-Schritt-Prozess, der mit der Zeit seine heilsame Wirkung entfaltet. Bleiben wir beim oben genannte Bus-Beispiel, für einen konkreten Lösungsweg: 

  • Offenes Gespräch: Lass dir von deinem Kind erklären, was es beim Busfahren oder schon vorher empfindet. Kann es dir einen Auslöser für seine Ängste nennen? Hat sich der Bus z.B. in einer Kurve stark geneigt? Oder gab es einen Unfall im Internet zu sehen?
  • Rationalisierung: Frage bei einem Busunternehmen (vielleicht der Schulbusfirma deines Kindes) nach, ob sich ein freundlicher Busfahrer findet, der deinem Kind das Fahrzeug erklärt. Schaut euch gemeinsam die Sicherheitsmechanismen gegen das Umkippen an.
  • Gemeinsames Üben: Fahre mit deinem Kind zusammen Bus, vielleicht dreht der Schulbusfahrer sogar mit euch eine exklusive Runde. Nehmt euch mit dem Linienbus zuerst nur kurze, möglichst gerade Strecken vor, um später auf längere Kurvenstrecken überzugehen.
  • Versüßen: Verknüpfe Busfahren mit einem schönen Erlebnis, indem du zum Beispiel die Lieblingssüßigkeiten deines Kindes mit auf die Fahrt nimmst. Oder fahrt mit dem Bus in den Freizeitpark, den dein Kind schon immer besuchen wollte.
  • Loben: Jeder einzelne Schritt in Richtung Angstbewältigung sollte gelobt und belohnt werden. Mut verdient Respekt!

Eventuell liegt der Angstauslöser nicht am Bus selbst, sondern darin, dass dein Kind unterwegs von Klassenkameraden gemobbt wird. Das gilt es, herauszufinden, sonst nützt das gesamte Programm nichts. Der wichtigste Punkt ist und bleibt deshalb das Gespräch und dein untrüglicher Spürsinn als liebendes Elternteil.

Angststörung: Wenn die Furcht die Herrschaft übernimmt

Ist dein Kind nachhaltig verängstigt und kommt ihr trotz aller Versuche nicht dagegen an? Wende dich in diesem Fall an euren Kinderarzt, denn wahrscheinlich braucht ihr professionelle Hilfe. Eine Angststörung kannst du nicht allein behandeln. Ein erfahrener Therapeut oder eine Therapeutin ist nötig, für weitere Untersuchungen und als Wegweiser aus der Krise.

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