„Mama, hast du Geduld?“, fragte mich mein vierjähriger Sohn, als er in aller Gemütlichkeit sein abendliches Waschritual vollzog und ich mal wieder neben ihm tief seufzen musste. Mein Blick war Antwort genug, tiefenentspannt gab er darauf kund: „Aber ich!“ Seelenruhig machte er weiter, ohne mir überhaupt noch Beachtung zu schenken.
Wir sind die Erwachsenen und das sind die Kleinen – sie lernen von uns und nicht umgekehrt. Ist das wirklich immer so? Als dreifache Mutter, deren Kinder nun das Teenageralter erreicht haben, kann ich mit Fug und Recht sagen: Meine Kleinen haben mir im Leben vieles beigebracht. Einiges davon habe ich früher schonmal gekonnt und wieder verlernt, anderes kam neu in mein Leben. Das wohl augenfälligste Lernfeld von allem war und ist die Geduld. Obwohl auch meine Kinder nicht durchweg die Geduldigsten sind. Werfen wir einen Blick auf ein paar Dinge die wir Großen von einem Kleinkind lernen können.
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Geduld, Geduld, Geduld … kann man das nicht einfach weglassen?
Mein großer Sohn lebte, als er klein war, in seiner eigenen, entspannt-langsamen Welt. Als ich ihn eines Tages etwas früher aus seiner Spielgruppe abholte, zog er sich wie immer ganz, ganz träge an der Garderobe an. Zwischenzeitlich stürmten alle anderen Kinder aus der Gruppe, streiften sich lärmend Jacken und Schuhe über – und verschwanden nach draußen. Mein Sohn band sich noch immer die Schnürbänder zu. „Hast du gerade etwas bemerkt?“, fragte ich ihn. Er schaute blinzelnd auf: „Nein, was denn?“.
Ja, ich bin ein ungeduldiger Mensch. Aber längst nicht mehr so ungeduldig wie früher. Bei Kindern tickt die Zeit anders, und über die Jahre fand eine gewisse Anpassung statt. Dafür muss das Kleinkind gar nicht mal so tiefenentspannt wie mein großer Sohn sein, es genügt, wenn es sich oft genug mitten im Einkaufszentrum brüllend auf den Boden wirft oder einfach furchtbar lange braucht, um gewisse Handgriffe zu lernen. Wir Eltern dürfen uns dann entscheiden: Entweder lernen wir Geduld – oder wir lassen es bleiben. Ersteres führt zu deutlich weniger Komplikationen.
Im Hier und Jetzt leben – und alles andere vergessen
Wir Eltern neigen dazu, möglichst viel zu planen, vor allem, wenn die Kinder noch ganz klein sind. Wie bekommen wir den begehrten Kitaplatz? Auf welche Schule soll der Nachwuchs einst gehen? Wann starten wir heute zum Spielplatz – und um wie viel Uhr sind wir zurück? Was müssen wir alles dafür einpacken? Und, und, und …
Mein Großer machte jeden Zeitplan zunichte, indem er sich zum Beispiel auf den Bürgersteig kniete und versonnen den Wolken nachsah. Seine kleine Schwester sorgte mit jeder Menge kleiner Malheurs von Windel voll bis Aua für ständige Zeitverzögerungen. Der Jüngste im Bunde machte es sich zur Angewohnheit, wo immer es ging, wegzulaufen. Egal wo wir uns befanden, woanders war es für ihn immer schöner.
Pläne? Was sind schon Pläne? Termine, was für ein seltsames Wort! Immer mehr zählte als junge Mutter das Hier und Jetzt für mich. Vor allem, wenn es einmal ruhig war, wenn alles gut lief, wenn es außer der Reihe etwas zum Staunen gab, lernte ich, die Zeit zu vergessen. Ich bin eben Mutter, ich kann nicht immer pünktlich sein! Und die Wolken, ja, die Wolken sind heute ganz besonders schön.
Den eigenen Bedürfnissen nachgehen – und zwar sofort!
Natürlich besteht für uns Erwachsene nicht immer die Möglichkeit, einfach so unseren Bedürfnissen nachzugehen. Leider fallen wir aber oft von der anderen Seite vom Pferd: Wir ignorieren ständig unsere innere Stimme und machen eben das, was rational „dran“ ist. Kleinkinder hören auf zu essen, wenn sie keinen Hunger mehr haben. Sie schlafen bei Müdigkeit an Ort und Stelle ein. Sie weinen, wenn ihnen danach zumute ist. Und sie schreien bei Wut laut auf. In besonderen Augenblicken sollten wir Großen dahin zurückfinden, wenn wir Zeit, Möglichkeit und vor allem Lust dazu haben.
Also nicht unbedingt während der Arbeit, sondern in unseren geschützten vier Wänden, oder wenn wir uns an einer vertrauten Schulter ausheulen möchten. Hab den Mut, du selbst zu sein! Das ist die Botschaft, die meine Kinder immer wieder bei in meinem Seelenpostkasten hinterlassen haben.
Lachen ist heilsam, ganz egal, wie alt du bist
Kinder sind mit Humor geboren, vielen von uns Großen ist das Lachen leider weitgehend vergangen. Die Kleinen albern herum, lachen bis zum Schluckauf und darüber hinaus. Sie finden aus Erwachsenensicht die dümmsten Dinge lustig und können damit richtig nervig werden. Aber sie lehren uns nebenbei auch, das Leben wieder neu mit Humor zu nehmen und die komischen Seiten der alltäglichen Missgeschicke zu entdecken.
Warum sollte ich mich ärgern, wenn ich einfach drüber lachen kann? Beim Lachen schüttet unser Körper Glückshormone aus, die heilsam wirken und Stress abbauen. Das ist besser als ein Entspannungskurs! Ich kann nur raten, euch auf kindliches Lachen einzulassen und es euch ein Stück weit selbst anzugewöhnen. Tut das nicht erstaunlich gut?
Ich wette, es gibt noch viel mehr als das Genannte zu entdecken. Jedes Kind ist eine einzigartige Persönlichkeit, die sich mit der Zeit vor euren Augen entfaltet. Schaut genau hin und entdeckt dabei das Geben und Nehmen in eurer Beziehung: Kinder sind in jeder Hinsicht ein Gewinn!